Anbei einige Impressionen der über 250 Fahrländer_innen auf der gestrigen Einwohner-Versammlung sowie für alle Interessierten ein ausführlicherer Bericht derselben:

 

Aus Sicht der Bürger_innen-Initiative war die am Dienstagabend durch die Stadt Potsdam abgehaltene Einwohnerversammlung mit über 250 Bürger_innen zur infrastrukturellen Entwicklung des Ortsteils Fahrland in der bis zum letzten Platz besetzten Sporthalle ein erster wichtiger Schritt zur Verbesserung der Lebensqualität im Ortsteil. Erfreulich war, dass sich zwei Beigeordnete – Mike Schubert und Bernd Rubelt – sowie Fachpersonal der Stadt Potsdam und der Verkehrsbetriebe (ViP) den drängenden Fragen der Fahrländer Einwohnerinnen und Einwohnern stellten. Bedauerlich ist aber in diesem Zusammenhang, dass sich weder der Oberbürgermeister Jann Jakobs noch der Bürgermeister und Kämmerer Burkhard Exner, der zudem verantwortlich für den Sektor Finanzen ist, die Zeit genommen haben, um sich den Sorgen und Nöten der Einwohner des aufstrebenden Ortsteiles zu stellen.

Die durch die ViP aufgezeigten Pläne zur Verbesserung des Nahverkehrs stehen alle in Abhängigkeit des Ausbaus des Krampnitz-Areals und insbesondere der Potsdamer „leeren Kassenlage“. So können die längst überfälligen Gelenkbusse zur Entlastung des Stoßverkehrs aus und nach Fahrland nicht zeitnah finanziert werden und es wird weiterhin auf Jahre keine annähernd bedarfsgerechte Fahrgastbeförderung stattfinden. Insbesondere die notwendige Verlängerung der Tramlinie 92 bis nach Fahrland steht nach wie vor in den Sternen und wird vermutlich dazu führen, dass die Neubürger des Fahrländer Areals Krampnitz zunächst keine den Individualverkehr entlastende Alternative des Nahverkehrs vorfinden werden. Dass dies zu einem Verkehrskollaps auf der Bundestraße 2 führen wird, steht selbst anhand der stadteigenen Prognosen heute schon fest. Dabei werden bestehende Möglichkeiten der Entlastung gekonnt ignoriert: Die Planung des Ausbaus des Bahnhofs Marquardt will die Stadt erst im Jahr 2019 beginnen. Dabei wurden die vermeintliche Abhängigkeit von Entscheidungen des Land Brandenburgs bei der radverkehrlichen Anbindung an Fahrland und der Deutschen Bahn AG bei der Zugfrequenz wiederholt vorgeführt, obwohl der schon seit Jahrzehnten geforderte und versprochene Ausbau des östlichen Park&Ride sowie der Bus-Anbindung nach Fahrland unabhängig davon längst durch die Stadt geschehen könnte. Das Projekt wäre eine echte Chance für bessere Mobilität und weniger Stau. Proaktives zeitnahes Planen und Handeln der Stadt Potsdam könnte den Ausbau des Bahnhofs deutlich forcieren

Bei der desolaten Gehwegsituation im alten Ortskern konnten jedoch Teilerfolge erzielt werden. So sollen bereits bis Ende 2017 erste Teile der Döberitzer und bis 2018 auch der Ketziner Straße saniert werden – wesentlich früher als ursprünglich geplant und ohne finanzielle Beteiligung der Anwohner. Allerdings wird der Gehweg der Ketziner Straße zunächst nur bis zum Kaiserplatz aufgebaut und saniert – der gerade für die Schüler wichtige Teil bis zur Regenbogenschule wird erst nach 2020 erfolgen. Gleiches gilt für eine grundhafte Sanierung der Fahrbahn der Döberitzer Straße, die bis dahin noch für den einen oder anderen Achsbruch sorgen wird. Auf großes Unverständnis stieß die Tatsache, dass der langersehnte Schulweg zwischen dem Königsweg und der Regenbogenschule frühestens 2019 fertiggestellt werden kann und weiterhin in Abhängigkeit zum Bebauungsplan „Am Friedhof“ stehen soll – dieser hat laut Stadtverordneten-Beschluss eigentlich bereits seit 2011 höchste Priorität. Bis dahin werden die Schüler weiterhin die kurze Feldquerung nutzen und den Schlamm in der Schule verteilen. Hier wurde eindeutig an die Stadt appelliert, die Pläne nochmals zu prüfen und Abhilfe – auch Interim-/provisorische Lösungen – zu schaffen wie beispielsweise die versprochene Beleuchtung der Straße am Friedhof direkt nach Fertigstellung der letzten dortigen Einfamilienhäuser – also etwa Ende 2017.

Wie weit sich Sichtweisen zwischen Stadt und Einwohnern unterscheiden können, wurde auch deutlich, als es um die Einzelhandelssituation in Fahrland ging. So wurde von Seiten der Stadt argumentiert, dass genügend Gewerbeflächen im alten Ortskern sowie der Von-Stechow-Straße (Nahkauf-Markt) bereitstehen würden und diese nur konsequent genutzt werden müsse. Wer jedoch eine Ortsbegehung durchführt, fragt sich wo dieser Platz sein soll. Hier muss die Stadt dringend nachbessern und es sowohl interessiertem Einzelhandel als auch Ärzten/Apotheken ermöglichen, dass sie geeignete Flächen zur Ansiedlung vorfinden. Voraussetzung zur Ansiedlung von Ärzten, insbesondere eines Kinderarztes, wäre jedoch eine Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung, die diese vor dem Hintergrund der angeblichen Überversorgung im Bereich Potsdam nicht erteilen wird. Auch hier ist man weit weg von der Realität, die junge Eltern bei der teils verzweifelten Suche nach einem Kinderarzt ereilt.

Nochmals hitzig wurde die Diskussion, nachdem die Stadt ihre Pläne zur Schaffung einer ausreichenden Versorgung mit Kita-, Hort- und Schulplätzen vorgestellt hat. Abhilfe bei den restlos ausgebuchten Kitaplätzen kommt frühestens Mai 2018 durch die Errichtung einer nicht optimalen Containerlösung auf dem Gelände der bestehenden Kita. Derzeit werden gemäß Aussage der Stadt immer noch für 18 akut unversorgte Kinder Lösungen gesucht. Diese Lage wird sich durch den Bezug von weiteren fertiggestellten Wohneinheiten und durch die bis Mai 2018 viele zu lange Wartezeit deutlich weiter verschärfen. So schilderte eine Mutter eindrucksvoll, welche wirtschaftlichen, zum Teil existenzbedrohenden Folgen entstehen, wenn Eltern zwangsweise länger zu Hause bleiben müssen. Nicht nachvollziehbar für Betroffene sind Platzangebote des zuständigen Kita-Tipps in Drewitz oder Waldstadt. Traurig ist, dass am Ende Gerichte entscheiden müssen, was zumutbar ist und Eltern inzwischen geraten wird, bei der Stadt Einnahmeausfälle geltend zu machen. Mittelfristig wird sich die Situation erst mit der Errichtung einer dauerhaften neuen Einrichtung, die jedoch erst etwa 2020 ihren Betrieb aufnehmen wird, entspannen.

Die Schul- und Hortplanung wiederum erfolgen erst nach Vorlage der aktuellen Prognose zum Bevölkerungswachstum im Herbst 2017. Es wäre zu wünschen, dass diese dann verlässlicher ist als die bisherigen viel zu knappen Prognosen, die Fahrland und seine Einwohner_innen in diese desolate und nicht hinnehmbare Situation geführt haben. Die Stadt Potsdam muss hier ihrer Verantwortung gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern gerecht werden, denn der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz sowie die Schulpflicht sind keine verhandelbaren Optionen.

Mit der gestrigen Veranstaltung wurde ein erster, kleiner Schritt in die richtige Richtung unternommen. Wer kurzfristige und belastbare Lösungen erwartet hat, wurde leider enttäuscht, denn dem standen eklatante Planungsfehler in allen Bereichen und Sparsamkeit an der falschen Stelle auf Seiten der Potsdamer Stadtverwaltung entgegen. Der häufigste Satz, den die Fahrländerinnen und Fahrländer gestern hörten, war: „Das muss erst geplant werden.“, direkt gefolgt von dafür wäre kein Geld da. Die versäumte Planung ist wohl richtig, aber damit hätte man proaktiv auch schon vor Jahren anfangen können (Beispiel: Tramverlängerung nach Krampnitz, Planungsbeginn jetzt 2017, Realisierung damit frühestens bis 2025 – warum wurde die nicht längst geplant?). Der derzeit gültige Schulentwicklungsplan von 2014 hatte bereits zum Schuljahr 2016/2017 eine Unterversorgung prognostiziert und auch die Fertigstellung von drei großen Baugebieten mit einem deutlichen Anstieg der Einwohnerzahl dürfte für die Potsdamer Stadtverwaltung kein Geheimnis gewesen sein. Die Potsdamer Stadtverwaltung hat aber anscheinend jetzt erkannt, dass hier vor Ort etwas getan werden muss. Es bleibt zu hoffen, dass es in Zukunft nicht bei Einzelmaßnahmen in letzter Sekunde bleibt, sondern dass die Entwicklung der Ortsteile konzeptionell, langfristig und basierend auf deutlich besseren Prognosen vorangetrieben wird. Genau aus diesem Grund bleibt die Bürger_innen-Initiative Fahrland bei ihrer Forderung, von der Stadtverwaltung die Erarbeitung eines Masterplanes zur infrastrukturellen Entwicklung des Ortsteils zu verlangen. Dieser sollte mit einem nachvollziehbaren, aussagekräftigen Zeitplan versehen sein und konkrete Umsetzungsschritte, die Benennung von Verantwortlichkeiten sowie geplante Finanzierungswege beinhalten.