Stellungnahme der BI Fahrland zum Bebauungsplanentwurf Nr. 132 „Am Friedhof“ (3. Auslegung)

Sehr geehrte Stadtverordnete, sehr geehrte Damen und Herren,

die Bürger_innen-Initiative Fahrland möchte hiermit zum derzeitigen Entwurf des Bebauungsplans Nr. 132 „Am Friedhof“ Stellung nehmen, da aus den bisherigen Einwendungen der 1. und der eingeschränkten 2. Auslegung leider so gut wie keine Änderungen resultierten, außer Verbesserungen für den Investor und einige Marginalien. Für uns ist der Begriff „Beteiligung“ jedoch weiter gefasst und wir erwarten, dass man Dutzende gut begründete Einwendungen von Bürger_innen mit konkreten Verbesserungsvorschlägen und Hinweisen nicht nur dazu nutzt, die Begründungen, nicht aber die Festsetzungen des Bebauungsplanes zu verändern. Die Einwendungen dienen nämlich dazu, die Expertise vor Ort für Verbesserungen am Entwurf zu nutzen und nicht, um der Verwaltung die Arbeit zu erleichtern, indem man die Begründungen mit Hilfe der Bürger_innen verbessert.
Nachfolgend möchten wir Sie daher erneut auf einige unserer Meinung nach wichtige Punkte aufmerksam machen und Sie als nun neu gewählte Stadtverordnetenversammlung dringend bitten, diese in Ihren Beratungen zu berücksichtigen.
Mit dem derzeitigen Entwurf des Bebauungsplanes sind wir aus den im Folgenden genannten Gründen nicht einverstanden:

Sozialer Wohnungsbau
Es gibt in Fahrland wie in weiten Teilen Potsdams einen hohen Bedarf an preiswertem Wohnraum. Im Norden Potsdams gibt es so gut wie keinen sozialen, geschweige denn kommunalen sozialen Wohnungsbau. In Fahrland fehlt es sogar gänzlich an kommunalem Wohnungsbau, wodurch bestimmte Gruppen von Menschen hier keine Wohnung finden, weil ihnen aufgrund ihres Status (z. B. Hartz-4-Beziehende, anerkannte Flüchtlinge) nachweislich keine Wohnungen von den privaten Vermietern angeboten werden und die Preise inzwischen meist auch zu hoch sind.
Wir fordern, dass die bauliche Nutzung in den Bereichen WA4 und WA5 (Hausgruppen) so angepasst wird, dass dort Mehrfamilienhäuser im Geschosswohnungsbau mit 50 % Belegungsbindung für den sozialen Wohnungsbau entstehen können. Diese sind für die Steuerbarkeit in kommunaler Hand zu errichten und zu vermieten. In unmittelbarer Umgebung stehen bereits mehrere solche Häuser (Döberitzer Str. 16, 18 und 20 sowie Pastor-Moritz-Straße), sodass eine Einfügung in die Umgebung gegeben ist. Auf S. 119 der Begründung, Punkt 2.3.1 schreiben Sie auf Grund unserer letzten Einwendung auch bereits, dass „grundsätzlich […] sozialer Wohnungsbau in Form von Geschosswohnungsbau im WA4 und WA 5 städtebaulich möglich [ist], da das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung […] dies zulässt.“ Im weiteren Verlauf des Absatzes wird jedoch auch behauptet, dass dies nicht über den Bebauungsplan regelbar sei, weil im Bebauungsplan keine Flächen für sozialen Wohnungsbau ausgewiesen würden – nun das ist ja genau das, was wir fordern, dass die Flächen für WA 4 und WA 5 dafür ausgewiesen werden! Es wird zudem damit argumentiert, dass die Flächen sich „nicht in der Fördergebietskulisse des Landes Brandenburg befinden“ und dies „deshalb erheblich wirtschaftliche Nachteile für die jeweiligen Eigentümer nach sich ziehen [würde].“ Die Flächen befinden sich in kommunalem Eigentum, diese wirtschaftlichen Nachteile entstünden also der Stadt, und für diese ist es eine rein politische Entscheidung, ob sie bereit sind etwas mehr Geld auszugeben, um auch in einem Ortsteil endlich den Einstieg in kommunalen Wohnungsbau zu schaffen und damit der zunehmenden Gentrifizierung und Verdrängung vor Ort etwas entgegenzusetzen oder nicht.
Die Stadt spricht selbst in ihren erst im Oktober 2018 beschlossenen „Gesamtstädtischen Zielen der Landeshauptstadt Potsdam“ davon, dass: „Die Landeshauptstadt Potsdam […] ihre kommunalen Instrumente ein[setzt], um durch den Erhalt und den Neubau von bezahlbaren Wohnungen den Wohnungsmarkt zu entlasten und steigenden Mieten entgegenzuwirken.“ Genau dies und nichts anderes fordern wir hier und wir bitten, dem zu folgen.

Entkopplung des Schulweges vom Bebauungsplan
Gemeinsam mit dem Bebauungsplan sollte ein sicherer, beleuchteter Schulweg für Fußgänger_innen und Radfahrer_innen von der Döberitzer Str. zur Rückseite der Schule geschaffen werden. Dieser Weg wird seit nunmehr etwa 10 Jahren von den Fahrländer_innen gefordert und hat es 2012 sogar erfolgreich in den gesamtstädtischen Bürgerhaushalt geschafft, obwohl es sich nur um eine örtlich begrenzte Problemlage handelt! Laut der Verwaltung wurde dieses Bürgeranliegen jedoch als „erledigt“ betrachtet, da man in der Auswertung 2012 schrieb, der Weg sei ja im Bebauungsplan „Am Friedhof“ enthalten. Nun hieß es dazu im Ortsbeirat im Februar und März 2019, dass der Weg auch mit dem – 7 Jahre später immer noch nicht fertigen – Bebauungsplan ja maximal provisorisch und ohne Beleuchtung hergestellt werden könne, da der Weg ja die imaginäre und vielleicht irgendwann einmal zu bauende Straßenbahn kreuzen würde – wohlgemerkt eine Straßenbahn, von der sogar unklar ist, wie sie jemals bis Krampnitz kommen könnte, und die Verlängerung nach Fahrland würde erst danach in Angriff genommen werden können. Außerdem sollte der Weg nach den alten Bebauungsplanentwürfen ursprünglich vom Investor und Eigentümer der Flächen hergestellt werden – aus unerfindlichen Gründen will die Stadt das nun selbst übernehmen, obwohl sie laut den vorliegenden Unterlagen dafür frühestens zu 2022 und frühestens bei positivem Beschluss des Bebauungsplanes Geld in den Haushalt einstellen könne.
Da ein Ende des Bebauungsplanes nach wie vor nicht absehbar scheint – im Bebauungsplan ist von „unklarem Zeithorizont der Entwicklung“ die Rede – hat sich der Ortsbeirat daher auch in der Sitzung vom März 2019 für eine Entkopplung vom Bebauungsplan entschlossen – ein entsprechender Beschluss, der den beleuchteten Ausbau des Weges noch in diesem Jahr fordert, liegt der Stadt vor, wurde jedoch bisher nicht umgesetzt oder bei Problemen damit der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt. Dies ist umgehend nachzuholen, denn der Bau von Wegen liegt in der Entscheidungskompetenz des Ortsbeirats.
Eine Entkopplung vom Bebauungsplan ist hier vonnöten, da der Zeitpunkt der möglichen Bebauung angesichts der weiterhin vorhandenen Probleme sogar für die Verwaltung nach wie vor nicht absehbar ist und so lange eine akute Gefährdung der Schulkinder vorliegt. Wir weisen auch noch einmal darauf hin, dass die Schulbeigeordnete Frau Aubel im Mai 2018 bei einem Fernsehinterview des RBB vor Ort eine Herstellung des ausgebauten und beleuchteten Schulweges bis Ende 2019 zugesagt hatte – die Geduld der Anwohnenden ist inzwischen arg überstrapaziert.
Um eine zukünftige Durchfahrung der geplanten Straßenbahn (teilweise zwangsläufig auch durch Bebauungsplanareal) zu gewährleisten ist zudem – wie von den Verkehrsbetrieben in ihrer Stellungnahme auch angesprochen – die Einplanung einer Tram-Trasse im Entwurf vorzusehen, um diese abzusichern.

Infrastruktur
Die regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming als Träger öffentlicher Belange gemäß §4 BauGB, vertreten durch den Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs, schreibt bereits in ihrer Stellungnahme vom 24.07.2014 im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung: „Die beabsichtigte Entwicklung der Flächen zu einem Wohnstandort […] ist […] nachvollziehbar. Jedoch sollte sich ein neuer Siedlungsschwerpunkt […] an einer tragfähigen Grundversorgung orientieren. Neben einem festen Angebot an Lebensmitteln gehören hierzu auch Schule, Kita und allgemein-medizinische Versorgung. Defizite in der Grundversorgung, wie zum Beispiel im Ortsteil Fahrland […] sind aus raumstruktureller Sicht unzumutbar.“ Dem können wir nur beipflichten, die seitdem erfolgten Veränderungen sind nach wie vor nicht ausreichend. Die eingeschränkte Schulerweiterung liegt momentan mangels Baufirmen auf Eis, eine Erweiterung auf eine dauerhafte 3- bzw. 3,5-Zügigkeit ist abhängig von der Herauslösung von Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet, für den Hort plant man gar in dem hiesigen Bebauungsplanareal einen Ersatzbau in einiger Entfernung, da vor Ort keine ausreichenden Flächen vorhanden sind. Die – noch nicht fertige – zweite Kita im Ort bringt nur kurzfristige Entlastung und deckt den bereits vorhandenen Bedarf, nicht aber den mit weiterer Bebauung entstehenden. Es fehlt weiterhin an medizinischer Versorgung – ein Hausarzt mit örtlicher kassenärztlicher Zulassung sucht händeringend nach (nicht vorhandenen) Räumen bzw. für (Dienstleistungs-)Gewerbe bebaubaren Flächen, die auch eine Kombination mit einer ebenso dringend benötigten Apotheke zuließen. Im Dorf fehlt es weiterhin an größeren Räumlichkeiten der Begegnung und qualifizierten Aufenthaltsflächen im Dorfkern, um nur einige Beispiele zu nennen.
Wir fordern daher weiterhin, dass die Defizite in der Grundversorgung vollständig zu beheben sind, bevor eine weitere Bebauung beginnt.

Verkehrsinfrastruktur im Plangebiet
Zur Anbindung des Ortsteils durch den öffentlichen Personennahverkehr wurden durch die Planung der Straßenbahnverlängerung bis zur Regenbogenschule wichtige und die richtigen Weichen gestellt. Allerdings ist bisher völlig unklar, ob diese Planung jemals umgesetzt werden kann, auf Grund von zu großen Problem und der möglicherweise nicht gegebenen Finanzierbarkeit des Streckenverlaufs. Ohne die Straßenbahn darf der Norden jedoch nicht weiter mit Wohnungsbau verdichtet werden, da uns sonst ein Verkehrskollaps unmittelbar bevorsteht. Hinzu kommt, dass nach wie vor von Fahrland aus keinerlei Anbindung an den vorhandenen Bahnhof Marquardt gegeben ist. Solange dies nicht erledigt ist (Radweg dorthin, Anbindung der östlichen Seite des Bahnhofs mit Parkplätzen, Fahrradstellplätzen, Bushaltestelle mit Buswendeplatte und regelmäßiger Bus dorthin), darf in Fahrland kein weiterer Bebauungsplan beschlossen und realisiert werden!
Außerdem werden im Plangebiet hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur die gleichen Fehler gemacht wie z. B. im Geltungsbereich des Bebauungsplan F 3 „Am Upstallgraben“.
Der Bebauungsplan F 3 „Am Upstallgraben“ legt für nahezu 3/4 der Verkehrsflächen fest, dass diese als verkehrsberuhigter Bereich auszugestalten sind. Dem ist der Vorhabenträger aber aus baulicher Sicht nicht nachgekommen, wodurch eine Ausweisung als verkehrsberuhigter Bereich nach Angaben des „Fachbereichs Grün- und Verkehrsflächen – Untere Straßenverkehrsbehörde“ vom 27.12.2017 nicht möglich ist. Sämtliche Versuche des Ortsbeirates, diese Bereiche umsetzen zu lassen, sind daher bisher gescheitert. Die Nichtumsetzung der Vorgaben des Bebauungsplans durch den Vorhabenträger hat weitreichende Folgen. Einerseits fehlt es durch die Nichtausweisung als verkehrsberuhigter Bereich an einem generellen Verbot des Parkens auf Straßenflächen und an der Ausweisung von geeigneten Parkflächen, andererseits ist die Breite der Straßen mit den nun dort parkenden Autos zu gering, um Rettungskräften eine problemlose Anfahrt zu ermöglichen. Die Freiwillige Feuerwehr Fahrland musste eine Einsatzübung im Dezember 2017 abbrechen, da sie durch parkende Autos nicht an den geplanten Einsatzort gelangen konnte. Weitere aktuelle Berichte des „Nichtdurchkommens“ der Freiwilligen Feuerwehr Fahrland finden sich ebenfalls auf der Homepage – nebst entsprechenden Fotos. Diese Fehler können im Ernstfall Menschenleben kosten, daher sind sie im neuen Plangebiet unbedingt zu vermeiden statt zu wiederholen. Dazu sind auch die Straßenbreiten durchgängig auf mindestens 7,1 m zu erhöhen. Zusätzlich sind die Straßen ebenfalls als verkehrsberuhigter Bereich mit gekennzeichneten Parkflächen auszuweisen und deren Umsetzung während des Baus zu überwachen.

Hinsichtlich der Anzahl der im Plangebiet ausgewiesenen Parkflächen können wir die Intention der Ausweisung von nur 0,5 Parkplätzen pro bereits im Plangebiet vorhandene Wohneinheit nicht nachvollziehen. Dies ist dieselbe Zahl, die auch für Wohnungen im bestens ÖPNV-erschlossenen Innenstadtbereich veranschlagt wird – eine Gleichbehandlung hier im ländlichen und durch öffentlichen Personennahverkehr nur dürftig erschlossenen Raum ist irrsinnig und realitätsfern. Solange weder die Straßenbahn gebaut noch der Bahnhof Marquardt erschlossen sind wird sich daran auch nichts ändern. Eine „großzügige Dimensionierung“ auf Grund der „Lage Fahrlands im ländlich strukturierten Raum [, die dazu] führt […], dass ein höherer KFZ-Anteil pro 1.000 Einwohner vorzufinden ist“ und die daraus abgeleitete Erhöhung an Parkplätzen auf max. 0,7 im Bereich der Bestandswohngebäude sind nicht ausreichend (S. 21 der Begründung).
Wir möchten daher einen konstruktiven Vorschlag unterbreiten: Zu den derzeit ausgewiesenen Parkflächen werden weitere auf einem der kommunalen Baugrundstücke in der direkten Umgebung konzentriert ausgewiesen. Diese Parkflächen können dann ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Straßenbahnanbindung (also frühestens 2030) rückgebaut werden. Die Flächen können dann renaturiert oder mit einem weiteren Haus bebaut werden. Die Anzahl sollte sich am derzeitigen reellen Bedarf (mangels umweltfreundlicher Alternativen!) orientieren, insbesondere bei den Stellflächen am Friedhof (auch Hole- und Bringeverkehr der Regenbogengrundschule mit Vorschule und Hort) und vor den Bestandsgebäuden mit 36 Wohneinheiten (die mit 26 Parkplätzen deutlich unterversorgt sind, da die meisten Wohneinheiten dort sogar über 2 Autos verfügen, sodass man min. 1,5 Autos pro Wohnung veranschlagen sollte), aber auch innerhalb des entstehenden Wohngebiets. Hierbei wird erneut auf bereits erfolgte Beschlüsse des ortskundigen Ortsbeirates verwiesen, denen die alten Stadtverordneten aus unerfindlichen Gründen leider nicht gefolgt sind.
Auf S. 18 Absatz 3.4.3 der „STEK Verkehr“ verweisen Sie selbst darauf, dass: „… keine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs … zu erwarten [ist]“. Somit scheint der Kommission klar zu sein, dass in dieser ländlichen Umgebung mindestens ein Fahrzeug pro Wohneinheit benötigt wird. Somit ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum die Baubehörde dieser Expertise nicht folgt und, wie oben beschrieben, utopische Einschränkungen erlässt.

Erhalt von wertbestimmendem gebietsprägendem Baumbestand
Im Bebauungsplan fehlen immer noch genaue Zahlen- und Ortsangaben zum vorhandenen wertbestimmenden gebietsprägenden Baumbestand im Plangebiet mit einer zwingenden Beurteilung festzusetzender Bäume, größerer Hecken und Gebüsche. Dies wurde bereits in der Stellungnahme zum Naturschutz (Fachbereich Bauaufsicht, Denkmalpflege, Umweltschutz) am 29.07.2014 im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung angemahnt:
„Es fehlen […] in der Bestandserfassung noch Zahlenangaben zu dem im Plangebiet vorhandenen Baumbestand. Es sollte eine Erfassung und Darstellung des wertbestimmenden gebietsprägenden Baumbestandes erfolgen, auf deren Grundlage eine Beurteilung eventuell festzusetzender Bäume vorgenommen werden kann. Der bisherige Entwurf nimmt bisher zu wenig Bezug auf den gebietsprägenden schützenswerten Altbaumbestand.“ Auch das Landesbüro anerkannter Naturschutzverbände forderte in seiner Stellungnahme 2018 die „den dörflichen Charakter prägenden Großbäume […] im Gebiet [zu] schütz[en] und somit [zu] erhalten“.
Wir fordern eine Berücksichtigung dieser Stellungnahmen auch im Sinne des Erhalts der im Bebauungsplan genannten klimatischen Ausgleichsfunktion (Sauerstoffproduzent, Staub- und CO2-Filter, Lärmschutz etc.), des Umweltschutzes (Lebensraum für zahlreiche Tierarten), der Erholungsfunktion im Ortsteil sowie der Lebensqualität für die neu hinzuziehenden Bewohner_innen. Insbesondere die vergangenen 1,5 Jahre haben bereits gezeigt, wie der Klimawandel uns Trockenheit und hohe Temperaturen an immer mehr Tagen im Jahr bringt – in den neuen Wohngebieten „Am Upstall“ in Fahrland sieht man, wie dort an heißen Tagen mangels größeren Bäumen die Luft förmlich steht – kein Schatten, kein Tier, keine Aufenthaltsqualität.
Im kompletten Bereich Am Friedhof hingegen gibt es auf Grund des Bewuchses ein wesentlich angenehmeres Klima, Tiere sind unterwegs und Menschen können sich auch draußen aufhalten. Um dies zu erhalten ist es notwendig, so viele Großbäume wie möglich zu erhalten. Dies muss man jetzt im Bebauungsplan festsetzen, da auf Grund der engen Grundstückszuschnitte sonst keine Altbäume übrig bleiben werden und auf einem kleinen Baugrundstück ja kaum eine Unbebaubarkeit wegen der im Nachhinein festgestellten erhaltenswerten Bäume zumutbar ist. Nur wenn die Grundstückszuschnitte unter Berücksichtigung der Bestandsbäume bereits geplant werden müssen und Bauherren darauf Rücksicht nehmen müssen (und es auch können durch die Festsetzung), ist ein Erhalt gewährleistet. Daher ist die in der Verwaltungsstellungnahme dargelegte Verlagerung in nachgelagerte Baugenehmigungsverfahren eine indirekte Fällgenehmigung und damit eine Bankrotterklärung für deren Erhalt.
Hinzu kommt die absurde Begründung, dass „keine Bewertung der Solitäre für ihren dauerhaften Erhalt vorgenommen [wird]“, weil „derzeit […] Zeithorizont der Entwicklung im Plangebiet nicht abschließend eingeschätzt werden [kann]“ (Begründung S. 72). Dies hat ja dann zwangsweise eine 4. Auslegung zur Folge, wenn der Zeithorizont sich klarer definieren lässt? Die Unklarheit wird auch nicht weiter begründet und erschließt sich insofern auch nicht.

Aktualität der Umweltgutachten
Die Aktualität der Umweltgutachten, insbesondere zu den seltenen Tierarten wie den Fledermäusen und den Zauneidechsen, wird angezweifelt. Die Gutachten stammen alle aus dem Jahr 2014. Seitdem haben sich die Bedingungen vor Ort weiterhin zunehmend zugunsten dieser Tiere verändert, wie selbst wir als Laien bei Begehungen zu unterschiedlichen Tages- und Nachzeiten feststellen konnten. Es können inzwischen Dutzende Zauneidechsen schon bei bloßem Durchgehen gefunden werden und auch Fledermausflüge nehmen zu. Zudem wurde die Fledermauspopulation nicht wie notwendig im Sommer und im Winter untersucht. Über 5 Jahre alte Gutachten sind zur Verwendung nicht mehr geeignet, da sich in der Zeit „die Artenzusammensetzung […]mit dem Verlauf der Sukzession verändern [wird]“ (S. 76 zur Prognose des Umweltzustandes bei Nichtdurchführung der Planung) – wir fordern daher eine erneute Anfertigung der Gutachten, um die aktuellen Gegebenheiten richtig einschätzen zu können. Ein aktuelles Beispielfoto der Zauneidechsen vor Ort fügen wir hier mit ein (Foto unten).
Hinzu kommt, dass begründete Hinweise auf Altlasten weiterhin ignoriert werden – die Stadt entzieht sich hier der Verantwortung auf ihrem eigenen Grundstück, dass sie zukünftig auch noch bebaut sehen will, entsprechende Voruntersuchen im Zuge des Bebauungsplanes umzusetzen. Wir fordern diese Untersuchungen im Interesse der Umwelt daher vehement ein.

Spielfläche für Kinder
Es werden viele Familien mit Kindern in das Plangebiet ziehen, da dort bisher nur Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser geplant sind. Für diese ist im Plangebiet ein Spielplatz herzustellen, da die bisher existierenden Spielplätze nur für die aktuelle Anwohnerzahl dimensioniert sind und es im dörflichen Ortskern ohnehin an Spielplätzen mangelt. Wir favorisieren dabei einen Standort entlang des geplanten Schulweges im Norden des Plangebiets am Wendehammer der Planstraße B. Dies würde auch den geplanten sanften Übergang ins Landschaftsschutzgebiet stützen und wäre durch den direkt daneben verlaufenden Schulweg und den fehlenden Autoverkehr eine optimale Lage – alle Schulkinder und auch der Hort könnten davon profitieren, damit wäre auch eine positive Auswirkung für die Bewohner_innen Fahrland, die der massiven Bebauung vor Ort meist mindestens skeptisch gegenüberstehen, gegeben.
Dieser Spielplatz muss auch dann gebaut werden, wenn gemäß der Kinderspielplatzsatzung keine „Pflicht zur Herstellung“ besteht (da man darauf geachtet hat, extra keine Gebäude mit mehr als 4 Wohnungen zu bauen), denn in diesem Fall wäre eine freiwillige Leistung trotzdem notwendig und für die Stadt auch leistbar!

Pachtgärten und -garagen
Um im schönen Fahrland weiterhin gemeinsam und miteinander vor Ort leben zu können und eine ausgewogene Interessensvertretung aller aktuellen Nutzer_innen des Bebauungsplanareals gewährleisten zu können, fordern wir in einen konstruktiven, lösungsorientierten Dialog mit den nach beschlossenem Bebauungsplan von der Kündigung bedrohten Pächter_innen aufzunehmen. Wo es vom Grundstückszuschnitt her möglich ist, sind Vorkaufsrechte oder lebenslängliche Nutzungsdauern anzubieten. Andernfalls sind Entschädigungszahlungen oder Alternativobjekte in unmittelbarer Umgebung (also innerhalb Fahrlands oder Satzkorns) zur Pacht anzubieten, um einen Ausgleich der von beiden Seiten berechtigten Interessen zu schaffen. Dieser Dialog muss jedoch vor Beschluss des Bebauungsplans erfolgen, um ggf. entsprechende Änderungen aufnehmen zu können.

Bauordnungsrechtliche Festsetzungen zur Nutzung von Sonnenenergie
Die bauordnungsrechtlichen Festsetzungen hinsichtlich der Nutzung von Sonnenenergie widersprechen unserer Meinung nach wie vor dem von Ihnen beschlossenen klimapolitischen Leitbild der Landeshauptstadt Potsdam. Sie sind unangemessen streng und verhindern die Nutzung und den Ausbau regenerativer Energien sowie energieeffiziente Bauweisen. In ihrer Begründung auf S. 44 (Nr. 3.7.2 Anlagen zur Nutzung von Sonnenenergie/Gauben) schreiben Sie zur Begründung: „[u]m die Dachlandschaft für den gesamten Ortsteil Fahrland einheitlich zu gestalten“. Dabei muss für die angrenzenden Baugebiete Upstall Nord, Upstall Süd und Kaiserweg erwähnt werden, dass für diese Gebäude aufgrund einer Fernwärmeversorgung eine gute energetische Bilanz zustande kommt. Im direkt angrenzenden alten Dorfkern und rund um den Friedhof hingegen besteht ortstypisch überhaupt keine Einheitlichkeit. Die Begründung ist damit schlicht falsch. Durch die Einschränkung der Dachform und der Beschränkung der möglichen Anlagentypen ist eine Umsetzung energieeffizienter Bauweisen nahezu unmöglich oder zu kostenintensiv.
Wir fordern daher weiterhin eine Änderung der bauordnungsrechtlichen Festsetzungen dahingehend, dass auch aufgeständerte Anlagen, Anlagen auf Nebengebäuden sowie die nicht matte Ausführung von Anlagen der Photovoltaik und der Solarthermie zulässig sind. Es erschließt sich nicht, welche Blendwirkungen von glänzenden (leistungsstärkeren) photovoltaischen Anlagen hier in einem reinen Wohngebiet ohne Durchfahrtsverkehr ergeben sollen, die eine „Gefährdung der Verkehrsteilnehmer“ mit sich bringen. Zudem müssen energetische Klimaschutzziele hier Vorrang vor bloßen „städtebaulich-ästhetischen Gründen“  bei aufgeständerten Anlagen, egal ob auf Haupt- oder Nebengebäuden – zumal es die sonst in Fahrland auch nicht gibt.
Bisher wurde lediglich die Begrenzung auf 50% der Dachfläche aufgehoben. Das ist zwar gut und richtig, aber längst noch nicht ausreichend.

Bauordnungsrechtliche Festsetzungen zur Energieeffizienz
Auf S. 50f. der Begründung (Nr. 4 Energieeffizienz) zitieren Sie die „einschlägigen Gesetze zur Energieeinsparung und Förderung“. Weiterhin empfehlen Sie weitere Umsetzungsmöglichkeiten. Hier gibt es aber keinerlei feste Vorgaben an die Ausführungen der Baumaßnahmen, die auf einen hohen energetischen Standard verweisen. Aufgrund der Auslastung der bestehenden Fernwärmekraftwerke mit den Wohngebieten Eisbergstücke, Upstall Nord und Süd und Am Spitzen Berg/An den Leddigen/Hasensteg ist eine Anbindung des neuen Bebauungsgebietes schwer realisierbar und auch nirgends schriftlich festgehalten. Die einzige effiziente Erwähnung ist die Zulassung der Nutzung von Solarthermie und Photovoltaik und das auch nur mit den o. g. Einschränkungen.
Die Erwähnung möglicher Umsetzungsmöglichkeiten ist bei Weitem nicht ausreichend. Hier müssen konkrete, sich in die Ortslage einpassende und verbindliche Vorgaben durch die Stadt Potsdam getroffen werden. Ferner verhält es sich sogar so, dass getroffene Vorgaben zur Fassadengestaltung den „hohe[n] passive[n] solare[n] Gewinne[n] durch optimale Gestaltung der Fassaden“ entgegenstehen. Zu einer „effizienten Wärmeversorgung“ wird keine Aussage getroffen. Hier werden keinerlei Einschränkungen zu einem Energieträger vorgenommen noch prozentuale Anteile regenerativer Energien festgelegt. Dies ist daher nachzuholen.
Vor einer eventuellen Nutzung von geothermischen Anlagen zu Heiz- bzw. Kühlungszwecken ist ein aktualisiertes geotechnisches Gutachten mit zu erwartenden Auswirkungen durch die Errichtung der Wohngebiete WA 1, 3, 4, 5 auf das Grundwasser einzuholen. Wie von ihnen erwähnt kann es in dem Wohngebiet zu Grundwasserschwankungen durch die Havel kommen. Durch den baulichen Eingriff in dem Wohngebiet WA1 und der Rodung des aktuell bestehenden Baumbestandes in diesem Gebiet kann eine weitere negative Auswirkung auf das Grundwasser nicht ausgeschlossen werden. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die historischen Feuchtwiesen westlich der Kietzer Straße im alten Dorfkern unter erheblichem Wassermangel durch Grundwasserabsenkungen zur Errichtung des Wohngebietes Upstall Nord gelitten haben. Die viel zu geringen Niederschläge tragen ihr Übriges dazu bei, weshalb zusätzliche negative Auswirkungen unterbleiben müssen.

 

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Sehr geehrte Stadtverordnete,

viele Punkte, die sich die Landeshauptstadt Potsdam, z. B. in den „Gesamtstädtischen Zielen der Landeshauptstadt“, erst Ende 2018 auf die Fahnen geschrieben hat, wie „Wachstum mit Klimaschutz und hoher Lebensqualität“, „Bezahlbares Wohnen und nachhaltige Quartiersentwicklung“, „Vorausschauendes Flächenmanagement“, „Bürgerschaftliches Engagement“ und „Umweltgerechte Mobilität“ sehen wir – und sicherlich auch Sie bei genauer Betrachtung –  durch den Bebauungsplan nicht umgesetzt. Wir möchten Sie als neu gewählte Stadtverordnete daher auffordern, hier gegenzusteuern und reichen dies auch als offizielle Stellungnahme im Beteiligungsverfahren ein.
Herzlichen Dank.

Ihre Bürger_innen-Initiative Fahrland